Genderkonstruktionen und Geschlechterverhältnisse

 

Anlässlich des 100-jährigen Jubiläums des internationalen Welt-Frauentages setzte kulturen in bewegung 2011 einen Schwerpunkt auf künstlerische Expressionen, die sich mit den Lebenssituationen von Frauen auseinandersetzen. Neben einer Ausstellung am VIDC/Wiener Institut entwickelte kulturen in bewegung gemeinsam mit KünstlerInnen Workshop-Angebote für Schulen zu gender-relevanten Themen und organisierte die Tournee der Jugendtheater-Gruppe Intombi Zomqangala, die sich in ihren Stücken und Workshops mit den Möglichkeiten des Widerstandes von Mädchen gegen Gewalt auseinandersetzen. Durch die Schwerpunktsetzung auf den Themenkomplex Genderkonstruktionen und Geschlechterverhältnisse konnten gute Kooperationen mit anderen Initiativen, wie etwa femous, erzielt und somit strategische Allianzen gebildet werden. Auch medial wurde das Thema aufgegriffen und vom Publikum interessiert rezipiert. Neben den Auftritten in Wien konnten auch ländlichere Regionen erschlossen und dem Publikum ein anspruchsvolles Programm zugänglich gemacht werden.

 

STILL LIFE

Bilder und Videoinstallationen von Elisabeth Tambwe
anlässlich des  100. Internationalen Frauentages
7. März – 10. April 2011, VIDC Möllwaldplatz 5/3, 1040 Wien

Die Künstlerin Elisabeth Bakambamba Tambwe beschäftigt sich in ihren unterschiedlichen künstlerischen Ausdrucksformen vorwiegend mit der Manipulation des weiblichen Körpers. Es wurden auf Metall gedruckte Fotos, 2 Videoinstallationen, sowie eine beeindruckende Performance (The Undressing, Performance: Indira Nunez) gezeigt. Die Darstellungen der Manipulation des weiblichen Körpers eröffneten Interpretationsspielräume und konnten von den AusstellungsbesucherInnen sowohl im Kontext von Krieg und Gewalt gegenüber Frauen, aber auch in Zusammenhang mit Schönheitsidealen, künstlicher Feminität, HIV/AIDS, etc. interpretiert werden. Die Videoinstallationen weckten Assoziationen zu Gewalt und Unterdrückung, eröffneten aber auch Perspektiven unter dem Aspekt der möglichen Kraft zu Veränderung. Mit ihren Arbeiten will Elisabeth Tambwe einerseits die Fragilität und Verletzbarkeit marginalisierter Frauen darstellen, andererseits betont sie damit auch die Tatsache, dass eben diese Frauen nicht bloß Marionetten der Globalisierung, kultureller Normen, Genderrollen oder biologischer Imperative sind, sondern auch die Kapazitäten zu kraftvollem Auftreten gegenüber unterdrückenden, zerstörerischen Strukturen haben.   

 

 

INTOMBI ZOMQANGALA

Mai und Juni 2011

 

Die Mädchen-Theatergruppe Intombi Zomqangala beschäftigte sich in ihrem Stück „Umfazi“ mit dem Thema Gewalt gegen Frauen und Mädchen. Den jungen Schauspiel-Schülerinnen aus Zimbabwe gelang es, das komplexe Thema in einem, wie die Kulturjournalistin Kerstin Kellermann es beschrieb „lautstarken Fest gegen Gewalt, indem die Mädchen sich selbst und ihre Freundschaften feiern“ umzusetzen. Bei den 4 Bühnenaufführungen und den 7 Workshops  konnten sich v.a. die Schülerinnen ganz im Sinne des Globalen Lernens sich sehr gut mit den Anliegen der Mädchen aus Zimbabwe und ihrem Auftreten für Gleichbehandlung und Respekt identifizieren und von den emanzipatorischen Ansätzen der Jugendlichen beeindrucken und inspirieren lassen.  

 

“Vernetzt Euch!”

 

kulturen in bewegung möchte mit einem neu konstituierten Team verstärkt auf Vernetzung und Partizipation setzen. Neben den gewohnten Beratungs- und Informationsvermittlungs-Tätigkeiten im Rahmen der Servicestelle ist kulturen in bewegung bemüht, Formate zu entwickeln, die aktive Teilhabe ermöglichen. Das neue Corporate Design soll dazu einladen.  kulturen in bewegung ist seit 2010 auch im sozialen Netzwerk Facebook aktiv vertreten und nutzt dieses zum internationalen Austausch mit Kunst- und Kulturinteressierten.

 

Ganz gemäß dem Motto von Lina Ben Mhennis Buch „Vernetzt Euch!“ lud kulturen in bewegung zur WINTERSOUP Party ins WUK. An die 100 VeranstalterInnen, KünstlerInnen, Medienmenschen, EntwicklunspolitikerInnen und KulturmacherInnen trafen einander beim gemeinsamen Wintersoup-Essen, zur Vorstellung des neuen Corporate Designs und der für 2012 geplanten Projekte von kulturen in bewegung, zum Speed Dating und zum gemütlichen Gedankenaustausch bei guter Musik, kredenzt auf African Vinyl von DJ Stefan Karasek. Im Sinne der „Mitwirkung und Einbeziehung“  wurden auch die Suppen von verschiedenen KöchInnen zubereitet, die wir zum Großteil über soziale Netzwerke kennengelernt hatten. Neben diesen kulinarischen Highlights lud das Team von kulturen in bewegung  die Gäste zum Speed Dating. Innerhalb von mehreren Runden hatten die TeilnehmerInnen je 5 Minuten Zeit, sich mit neuen potentiellen KooperationspartnerInnen auszutauschen.

 

kulturen in bewegung war auch 2011 bemüht, sich sowohl auf lokaler, als auch auf internationaler Ebene auszutauschen und strategische Allianzen zu bilden. Im europäischen Kontext geschah dies vor allem in EU-Partnerschaftsprojekten wie etwa „Global Sofa“, oder durch die Teilnahme am Creole Branchentreffen für Weltmusik und am Artlink-Netzwerktreffen in der Schweiz, auf nationaler Ebene durch die aktive Mitgliedschaft in der IG Worldmusic Austria und der AG Globale Verantwortung, u.a. Auch der Besuch der Foto-Biennale in Bamako durch den Referenten für digitale Medien und bildende Kunst erlaubte es kulturen in bewegung, Kontakte zu innovativen Kunstschaffenden aus Afrika zu knüpfen.

 

 

 

Empowerment & Capacity Building

 

musician – now what?

Oktober 2011

 

kulturen in bewegung führte im Herbst 2011 in Kooperation mit mica – music austria eine Workshop-Reihe unter dem Titel „musician – now what?“ durch. Zielsetzung des Projektes war es,  v.a. MusikerInnen und Musik-ManagerInnen mit migrantischem Background die nötigen Tools zu vermitteln, um sich im lokalen und in Folge auch internationalen Kunstmarkt zu orientieren. Die Workshop-Reihe diente somit dem Self-Empowerment der KünstlerInnen und in den 5 angebotenen Modulen wurden Inhalte aus den Bereichen Selbstvermarktung, rechtliche Aspekte im Musikbusiness, Veranstaltungswesen, Label, Vertrieb, Verwertungsgesellschaften, etc. von kompetenten ReferentInnen vermittelt.

 

Tourneen internationaler Projekte

k3 goes india

Oktober 2011

Den Meister der Sarode, Ranajit Sengupta, den Tablaspieler Samir Nandi und die 3 österreichischen Musiker Robert Kainar, Klaus Kircher und Herbert Könighofer verbindet nunmehr bereits eine fast 10-jährige Zusammenarbeit im Projekt k3 goes India. Der künstlerische, interkulturelle Austausch zwischen den traditionellen indischen Musikern und dem Salzburger Avantgarde Jazz Trio fand bislang vorwiegend während ihrer gemeinsamen Tourneen und Probearbeiten in Europa statt. 2010 konnte der langgehegte Wunsch nach einem Gegenbesuch in Indien realisiert und der Titel des Projektes zum Programm werden: Der österreichische Part von k3 goes India begab sich tatsächlich nach Indien um dort gemeinsam mit ihren indischen Partnern im Winter  2010 u.a. in Kolkata, Mumbai, Goa und Neu Delhi aufzutreten. Im Oktober 2011 fand nun im Rahmen der von kulturen in bewegung initiierten Tournee wieder ein Zusammentreffen der Musiker statt. Gemeinsam tourten sie durch Österreich und boten ergänzend zu ihrem anspruchsvollen, musikalischen Programm (6 Konzerte) auch Screenings des Musik-Dokumentarfilmes „Lost and Found Tour“. Die  Filmemacherin Sina Moser hatte das k3 goes india 2010 auf ihrer Tour in Indien begleitet und mit eindrucksvollen Bildern ließ sie das Publikum die intensive und abenteuerliche Reise der Band kreuz und quer durch den Subkontinent nachempfinden und miterleben, wie sich die Erfahrung von 8 Konzerten in 12 Tagen in einem geballten kulturellen Kontext anspüren und künstlerisch umsetzen lassen. 

 

 

Freedom Theatre

November 2011

Im Herbst 2011 realisierte kulturen in bewegung in Kooperation mit Salam Orient und dem Dschungel Wien die Aufführungen des Stückes  Fragments of Palestine II der palästinensischen Jugendtheatertruppe des Freedom Theatre Jenin.  Das 1988 von Arna Mer-Khamis initiierte Freedom Theatre will soziale und politische Veränderungen bewirken und Kindern und Jugendlichen die Möglichkeit bieten, ihre Begabungen zu entfalten, Selbstvertrauen aufzubauen und eine Zukunftsperspektive abseits von Lethargie, Aggression und Gewalt zu entwickeln. Neben dem Kulturprogramm des Theaters gibt es seit 2008 die erste palästinensische Theaterschule. Mit Hilfe von internationalen Theater- und Performance-Fachleuten werden junge PalästinenserInnen ausgebildet.

2011 zeigten sie eine weiterentwickelte Fassung der Fragments of Palestine I, in denen sie bereits bei ihrer ersten Österreich Tournee 2009  überwältigenden Szenen aus dem Alltag inmitten des ganz normalen Wahnsinns in einem Flüchtlingslager zeigten. Die Darstellung von Hass und Verzweiflung, aber auch von der Liebe und den Träumen Jugendlicher wurde in einer absurden Spirale von Gewalt nochmals weitergedreht: Im April 2011 wurde der israelisch-palästinensische Theaterleiter Juliano Mer-Khamis, Arna Mer-Khamis Sohn und charismatischer Nachfolger, beim Verlassen des Theatergebäudes erschossen. Die Erziehung von Mädchen zu selbstbestimmten Frauen, die beißende Kritik des Theaterleiters nicht nur gegenüber den israelischen Besatzern, sondern auch gegenüber manchen der „eigenen Leute“ hat anscheinend die Schmerzgrenze einiger Beobachter überschritten. Dennoch wird Gewalt keines der extremen Probleme in einem Lager wie Jenin lösen…